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Grundlegende Definitionen im Rechnungswesen: das undefinierte Vermögen

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 29. August 2019

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

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Grundlegende Definitionen im Rechnungswesen: das undefinierte Vermögen
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Immer wieder haben wir an dieser Stelle auf die grundlegenden Definitionen im Rechnungswesen und ihre große Bedeutung hingewiesen.

Während die Kosten- und Leistungsrechnung ziemlich spitzfindige Abgrenzungen recht zahlreich pflegt, ist es erstaunlich, daß elementare Begriffe im Bereich des externen Rechnungswesens, die täglich verwendet werden, gleichwohl seit über einem Jahrhundert vollkommen undefiniert sind. Und das in Deutschland!

So ist ständig von Vermögensgegenständen die Rede, doch für das Vermögen gibt es im Bereich des deutschen Rechts allen Ernstes bis heute keine Legaldefinition. Zwar hat die Rechtsprechung seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahre 1900 die sachenrechtliche Einheitslehre der §§90 ff BGB fortentwickelt, aber nie zu einer grundlegenden Definition des Vermögensbegriffes gefunden. Das Steuerrecht, das übrigens von Wirtschaftsgütern spricht, ist da mit dem Begriff des wirtschaftlichen Eigentums gemäß §39 Abs. 2 AO und der Aufteilung von Immobilien gemäß R 4.2 Abs. 3 EStR in mehrere separat steuerbilanzierungsfähige Wirtschaftsgüter schon deutlich weiter, aber eine formale gesetzliche Definition fehlt auch hier (zusätzliche Visualisierung). Rechtsprechung und herrschende Meinung haben jedoch einen sehr enggefaßten Vermögensbegriff entwickelt, der aber mit der Einführung einer Aktivierungspflicht für selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände nach dem neuen §248 Abs. 2 HGB ab 2009 aufgeweicht werden könnte.

Ganz anders liegen die Dinge im internationalen Rechnungswesen, wo die Fundamentaldefinition im Rahmenkonzept in F.49 (a) zu finden ist. Demnach ist ein Vermögensgegenstand eine von der Unternehmung aufgrund vergangener Ereignisse beherrschte Ressource, die künftigen wirtschaftlichen Nutzen vermittelt. Diese viel weitere Vermögensdefinition, die nur in Einzelvorschriften wie etwa IAS 38.48 oder IAS 38.63 ihre Grenzen findet (Beispiel), ist eine der wesentlichen Unterscheidungen zwischen Handelsrecht und internationalem Rechnungswesen.

Dies ist eine der wesentlichen Baustellen der gegenwärtigen Modernisierung des Handelsrechts, denn moderne wissensbasierte Unternehmen brauchen die Aktivierung und Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände ebenso wie Optionen zur Schaffung neuartiger Vermögenswerte aufgrund der Definition des künftigen wirtschaftlichen Nutzens. Stille Reserven und die Verschleierung der Lage der Unternehmung durch Bilanzierungsverbote sind keine gute Voraussetzung für den internationalen Wettbewerb und internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse. Wir werden sehen, ob der deutsche Gesetzgeber die Kraft zu einer grundlegenden Erneuerung in weniger als einem Jahrhundert aufbringt.

Quelle: http://www.bwl-bote.de/20080330.htm | §248 Abs. 2 HGB | §§90 ff BGB | §39 Abs. 2 AO


Bildnachweise: © v.poth/Fotolia.com

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Über den Autor

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Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.

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