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Virtuelle Steuerprüfung per Suchmaschine ab 1. April 2005

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 31. Januar 2022

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

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Virtuelle Steuerprüfung per Suchmaschine ab 1. April 2005
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Vor knapp einem Jahr prognostizierte der BWL-Bote, daß wir auf dem Weg zur Steuerprüfung per Suchmaschine seien. Diese Horrorvision scheint jetzt noch schneller Wirklichkeit zu werden, als selbst der BWL-Bote es sich ausmalen könnte, nämlich schon zum 1. April 2005. Und das Beste: es ist bereits geltendes Recht.  Ein Gesetzgebungsakt mit all seinen Unwägbarkeiten seitens der Opposition im Bundesrat oder gar seitens des Volkes ist nicht mehr erforderlich.

Rechtsgrundlage ist zunächst §24 Kreditwesengesetz (KWG). Nach Abs. 2 dieser Norm darf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) anonym auf die Daten der Banken zugreifen, und zwar in der Weise, daß die Banken nicht wissen, welche Daten über wen wann in welchem Umfang abgerufen werden, aber sämtliche Kundenstamm- und Bewegungsdaten bereitgehalten werden müssen. Dies hatte zunächst den Zweck, Geldbewegungen von Terroristen oder sonst verdächtigen Personen schneller zu finden. Um das auch tatsächlich bewerkstelligen zu können, wurde inzwischen ein automatisiertes Verfahren eingerichtet, das aufgrund dieser Vorschrift viele Bankkonten schnell und per Mausklick deutschlandweit durchsucht – die Suchmaschine für Daten auf Bankkonten ist also längst Realität.

Das schon Ende Dezember 2003 in Kraft getretene „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ hat aber auch den neuen §93b AO in die Abgabenordnung eingefügt, der damals wenig beachtet wurde, wohl wegen der im gleichen Gesetz stehenden Steueramnestie. Dieser neue Paragraph, der erst ab 1. April 2005 anzuwenden ist aber schon jetzt im Gesetz steht, erlaubt dem BaFin, auch automatisierte Auskünfte an die Finanzbehörden herauszugeben. Ab April 2005 können also alle Finanzämter jederzeit sämtliche Kontendaten aller Steuerpflichtigen sehen – ebenfalls bankübergreifend per Mausklick. Inwieweit das schon immer höchst löcherige Bankgeheimnis nach §30a AO dabei noch eine Rolle spielt, ist derzeit noch unklar. Diese Regelung völlig abzuschaffen, wäre jedenfalls ehrlich, denn gewollt ist sie schon lange nicht mehr.

Der absolute Leckerbissen ist aber, daß die Finanzämter im Wege der Amtshilfe auch anderen Behörden, die ein Interesse an den Einkommensverhältnissen der Leute bekunden, Auskünfte erteilen – und da gibt es eine Zahl von Kandidaten: Sozialämter und die Bundesagenturen für Arbeit beispielsweise, die die Anträge auf das neue Arbeitslosengeld II prüfen wollen. Wer immer also einen solchen Antrag stellt, oder wer immer eine Steuererklärung einreicht, muß ab April 2005 damit rechnen, daß die zuständige Behörde alles sieht, was auf dem Konto so los ist. Verstecken gilt nicht – der Bürger hat gläserne Taschen. Und das ohne weitere gesetzgeberische Maßnahme, denn es ist längst aktueller Rechtsstand.

Die schon in verschiedenen früheren Beiträgen aus der Geschichte gezogene Moral hingegen bleibt hingegen unverändert: Nur Bares ist Wahres, oder einfacher, Cash is King. Die immer schärfere Überwachung könnte Barzahlungen und Schwarzarbeit massiv fördern, denn Scheine sind und bleiben anonym. Bargeld lacht, Schecks grinsen: Das wissen nicht nur Handwerker, wie ich nach abgeschlossenem Bauprojekt bezeugen kann.

Quellen: gruenderlexikon.de

Bildnachweise: © ktsdesign/Fotolia.com

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Über den Autor

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Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.

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