Wer als Selbstständiger über einen festen Arbeitsplatz verfügt, beispielsweise in einer Praxis, kann in der Regel nicht noch ein häusliches Arbeitszimmer bei den Betriebsausgaben geltend machen. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hat jedoch in einem neuerem Urteil festgelegt, unter welchen Umständen dies doch möglich ist.
Die Voraussetzung dafür ist recht simpel: Wenn es für einen bestimmten Teilbereich der beruflichen Tätigkeit des Unternehmers (zum Beispiel Erstellen von Abrechnungen) kein anderer Arbeitsplatz außer das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung steht, dann darf dieses aus als Betriebsausgaben bis zum o. g. Höchstsatz angesetzt werden.
Dann liegt “kein anderer Arbeitsplatz” vor
Es versteht sich von selbst, dass die Definition “wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht”, individuell geklärt werden muss. Die Richter in Dessau-Roßlau beschäftigten sich mit einem selbstständigen Logopäden, der zwar eine Praxis führte, allerdings diverse Bürotätigkeiten nicht dort, sondern nur im häuslichen Arbeitszimmer erledigen kann.
Da die Betriebsprüferin der Ansicht war, dass das nicht gerechtfertigt war, klagte der Logopäde vor Gericht. Die Richter gaben dem Unternehmer Recht. Die Gründe dafür lieferten sie folgt:
Die einfache Entfernung von seiner Wohnung zur Praxis beträgt 47 km. Diese Entfernung rechtfertigt es nicht, dass er außerhalb seiner Öffnungszeiten oder am Wochenende nochmal in die Praxis fahren muss, um dort Bürotätigkeiten zu erledigen.
Die Praxisräume sind nicht geeignet, um vertrauliche Unterlagen, wie Patientenunterlagen, Gehaltsabrechnungen, andere vertrauliche Dokumente etc. dort zu verwahren und zu bearbeiten.
Da die Praxis auch noch von anderen Angestellten genutzt wird, steht dort kein “anderer Arbeitsplatz” zur Verfügung. Der Logopäde muss auf sein häusliches Arbeitszimmer ausweichen
Die o. g. Punkte geben Aufschluss darüber, wann es aus Sicht der Richter gerechtfertigt ist, neben dem Arbeitsplatz auch ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben anzusetzen. Die Höchstgrenze pro Jahr beträgt 1.250 Euro. Diese Höchstgrenze gilt nicht, wenn der Unternehmer nachweisen kann, dass der betriebliche Mittelpunkt seiner Tätigkeit ausschließlich im häuslichen Arbeitszimmer statfindet. Das war aber hier nicht der Fall, da der Logopäde ja eine Praxis betriebt.
Unternehmer deren Betriebsausgabenabzug in einem vergleichbaren Fall ebenfalls verwehrt wurde, sollten jetzt Einspruch erheben und Ruhen des Verfahrens beantragen. Noch ist die Entscheidung des FG Sachsen-Anhalt nicht rechtskräftig, da die Revision beim Bundesfinanzhof in München zugelassen wurde.
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