≡ Menu

Disagio

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 15. Februar 2022

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (27 Bewertungen)
Loading ratings...Loading...
Disagio

Hast Du Fragen?

Was bedeutet Disagio?

Unter dem Begriff Disagio wird im finanzwirtschaftlichen Kontext ein Abschlag vom Nennwert verstanden. Dieser Abschlag erfolgt beispielsweise auf die Auszahlungssumme eines Kredites, bei der Ausgabe von Wertpapieren oder beim Kauf von Devisen. Die Auswirkung eines Disagios lässt sich wie folgt beispielhaft beschreiben:

Ein Unternehmen benötigt für die Anschaffung einer neuen Produktionsanlage einen Kredit, da zur Bezahlung keine ausreichende Liquidität vorhanden ist. Nach Verhandlungen mit der Bank einigen sich die Parteien auf eine Kreditsumme in Höhe von 150.000 € mit 5 % Disagio. Folglich erhält das Unternehmen also nur einen Betrag in Höhe von 142.500 € ausgezahlt. Das Disagio in Höhe von 7.500 € behält die Bank ein und bewertet dieses als vorausbezahlten Zins. Die zurückzuzahlende Kreditsumme beträgt aber weiterhin 150.000 €.

Mittels Disagio werden bei Krediten vorab errechnete Zinsen direkt vom Nennwert abgezogen.
Mittels Disagio werden bei Krediten vorab errechnete Zinsen direkt vom Nennwert abgezogen.

Weiterhin wird der Begriff des Disagios im Bereich der Numismatik verwendet. Ist etwa der Nennwert einer Münze verglichen mit ihrem Feingewicht (etwa bei Goldmünzen) zu hoch angegeben, so entspricht das Disagio dieser Differenz.

Unnützes Wissen

Ebenso wie Brutto und Netto verwechseln viele Menschen auch Agio und Disagio. Wird der Fehler nicht bemerkt, kann dies weitreichende Folgen haben. Unter Studenten ist daher der angebliche Inhalt einer mündlichen Prüfung weit verbreitet:

  • Der Professor fragt seinen Prüfling nach der Bedeutung des Agios. Diesem ist die Bedeutung nicht geläufig, weshalb der Professor verkündet, dass er durchgefallen sei.
  • Bestens mit der Prüfungsordnung vertraut entgegnet der Student, dass er Anspruch auf drei Prüfungsfragen hätte und das Ergebnis nicht akzeptiere.
  • Der Professor nimmt dies zur Kenntnis und fragt schließlich nach der Bedeutung des Disagios und zusätzlich noch nach dem Unterschied zwischen Agio und Disagio.

Ob sich diese Situation wirklich so abgespielt hat, ist nicht abschließend geklärt. Unternehmer können Sie jedoch gut als Eselsbrücke in Erinnerung behalten, um so die Bedeutung finanzwirtschaftlicher Begrifflichkeiten im Hinterkopf zu behalten.

Exkurs: Was bedeutet Agio?

Agio und Disagio sind wichtige Begriffe im Rechnungswesen.
Agio und Disagio sind wichtige Begriffe im Rechnungswesen.

Beim Disagio handelt es sich wie zuvor erwähnt, um einen Abschlag vom Nennwert eines Finanzprodukts. Im Finanz- und Rechnungswesen ist jedoch auch der Begriff des „Agios“ weit verbreitet. Dieser beschreibt ein gegenteiliges Vorgehen im Rahmen von Finanzgeschäften. Es handelt sich also anders als beim Disagio um einen Aufschlag auf den Nennwert.

  • Ein typisches Beispiel, in dem ein Agio verlangt wird, ist der Erwerb von Fondsanteilen. So fordern die Emittenten einen Ausgabeaufschlag, der in der Regel einem gewissen Prozentsatz des Anteilspreises entspricht. Ein Fondanteil im Wert von 100 € und einem Ausgabeaufschlag von 2 % kostet den Käufer also insgesamt 102 €.

Welche Auswirkungen hat ein Disagio?

Ein Disagio oder analog ein Agio ist ein typischer Bestandteil von Finanzgeschäften aller Art. Kreditnehmer oder Emittenten verlangen also entweder einen Abschlag (Disagio) oder Aufschlag (Agio) auf die zu Grunde liegenden Leistungen. Dies wirkt sich wiederum während der Laufzeit einer Anlage folgendermaßen auf den Ertrag aus:

  • Wird ein Aufschlag (Agio) verlangt, so mindert dies den Ertrag des Anlegers. Dies verdeutlich auch das vorherige Beispiel des Erwerbs eines Fondsanteils. Für 102 € erhält der Unternehmen nur einen Anteil mit einem Nennwert von 100 €. Der Ausgabeaufschlag dient etwa dem Emittenten zur Deckung seiner Vertriebs- und Verwaltungskosten.
  • Wird ein Abschlag (Disagio) verlangt, so mindert dies den Ertrag der Bank. Dies liegt daran, dass das Disagio den Nominalzinssatz eines Kredites verringert, was wiederum den Ertrag schmälert.

Theoretisch sparen Unternehmen also Fremdkapitalkosten durch ein Disagio. Praktisch ist dies jedoch nicht immer der Fall. Benötigt das Unternehmen aus dem zuvor genannten Beispiel also in jedem Fall 150.000 € für den Erwerb, so muss die Kreditsumme entsprechend höher gewählt werden. In diesem Fall wären dies also vor Abzug des Disagios 157.895 €.

Die Berechnung des mit dem Disagio verbundenen niedrigeren Nominalzinssatzes erfordert Fachkenntnis. Die Berechnung erfolgt mit einem Iterationsverfahren, welches in der Preisangabenverordnung (PAngV) geregelt ist.

Die Preisangabenverordnung (PAngV) ist eine deutsche Verbraucherschutzverordnung. Durch verbindliche Berechnungsmethoden sollen Preiswahrheit und Preisklarheit gewährleistet und Verbrauchern so einfache Vergleichsmöglichkeiten geboten werden.


Eine mögliche Formel zur Berechnung der Kreditsumme lautet:
X – (0,05*x) = 150.000

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind in Verbindung mit dem Disagio zu beachten?

Zählt das Disagio zu den Zinsen?
Zählt das Disagio zu den Zinsen?

Die Bedeutung des Disagios war in der Vergangenheit bereits häufig Grundlage für Diskussionen. Ergebnis dieser Diskussionen waren teilweise rechtliche Klarstellungen, um die steuerliche Bedeutung des Disagios zu klären. So ist heute gemeinhin folgende Annahme verbreitet:

  • Zivilrechtlich zählt das Disagio zu den Zinsen und wird als laufzeitabhängiger Ausgleich für den entsprechend niedrigeren Nominalzinssatz angesehen.
  • Für Banken ist das Disagio ein fester Bestandteil der Kredit- und Zinskalkulation.
  • Vom Disagio abzugrenzen sind laufzeitunabhängige Kosten.

Weiterhin kam es zu höchstrichterlichen Entscheidungen, wie mit dem Disagio bei der Beendigung eines Kreditvertrags zu verfahren ist:

  • Macht ein Kreditnehmer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch oder einigt sich mit dem Kreditgeber auf eine Auflösung, so ist der Rechtsgrund für das bis dahin nicht verbrauchte Disagio hinfällig. Laut Bundesgerichtshof steht dem Kreditnehmer also eine anteilige Erstattung des nicht verbrauchten Disagios zu.
  • Endet ein Kreditvertrag, etwa weil ein Unternehmen diesen nicht mehr bedienen kann, so verbleibt das Disagio bei der Bank.

Was bedeutet das Disagio für die Bilanz?

In der zuvor erläuterten Ausprägung ist das Disagio ein typischer Posten, dem Unternehmen in ihrer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung begegnen müssen. Dementsprechend ist es wichtig zu wissen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten sind. Das Disagio im HGB wird in § 250 Abs. 3 erwähnt. Besteht eine Differenz zwischen Rückzahlungs- und Ausgabebetrag von Krediten oder Anleihen, so verfügen bilanzierende Unternehmen über ein Aktivierungswahlrecht.

Steuerrechtlich ist das Disagio als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) zu sehen. Geht die Laufzeit des jeweiligen Finanzproduktes über den Bilanzstichtag hinaus, so ist das Disagio nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG als Kosten der Geldbeschaffung aktivierungspflichtig. Aufgelöst wird das Disagio über die gesamte vereinbarte Laufzeit mittels Zinsstaffelmethode oder linearer Abschreibung.

Wichtig: Das Aktivierungswahlrecht für Disagio nach HGB können Unternehmen unabhängig von der steuerrechtlichen Aktivierungspflicht ausüben!

Wann kann das Disagio als Werbungskosten geltend gemacht werden?

Für Unternehmen ist ein Disagio nur steuerlich vorteilhaft, wenn dieses im Jahr der Auszahlung als Werbungskosten geltend gemacht werden kann. Nach § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG ist lediglich ein marktübliches Disagio in voller Höhe absetzbar. In welcher Höhe ein Disagio als marktüblich gilt, ist je nach zuständiger Finanzverwaltung anders. Vergangene Unterredungen mit Finanzverwaltungen ergaben, dass ein Disagio von bis zu 5 % bei einer Laufzeit von wenigstens fünf Jahren marktüblich ist. Disagios, die den marktüblichen Prozentsatz übersteigen, sind hingegen nicht sofort abziehbar. Der Anteil, der über dem marktüblichen Disagio liegt, muss über die Laufzeit der Vereinbarung steuerrechtlich verteilt und entsprechend angerechnet werden.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 8. März 2016 zum Thema „marktübliches Disagio“:

Was ist ein marktübliches Disagio laut Bundesfinanzhof?
Was ist ein marktübliches Disagio laut Bundesfinanzhof?

Da die Marktüblichkeit von den verschiedenen Finanzverwaltungen häufig unterschiedlich interpretiert wurde, war ein Verfahren am Bundesfinanzhof anhängig. Dieser entschied, dass bei der Vereinbarung von darüber liegenden Disagios dann von einer Marktüblichkeit auszugehen ist, wenn der zu Grunde liegende Vertrag mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten abgeschlossen wurde.

Diese Entscheidung wird gemeinhin als vorteilhaft gesehen und wirkt sich auf diverse steuerliche und bilanzielle Instrumente aus.

Bildnachweise: magele-picture - Fotolia.com, Freedomz - stock.adobe.com, © Monster Ztudio - stock.adobe.com, © Brian Jackson - stock.adobe.com

Das könnte Sie auch interessieren:

  • Agio – Was ist das? Als allgemein verständliche Definition des Agios, dessen Wortursprung übrigens dem…

  • Was ist ein Kontokorrentkredit? Der Kontokorrentkredit ist eine Form des Überziehungskredites, bei dem der Kontoinhaber…

  • Zur Differenzierung zwischen Privatvermögen und Betriebsvermögen, sowie zwischen gewilltkürtem und notwendigem Betriebsvermögen empfehlen wir Ihnen unseren…

  • Imparitätsprinzip – Was ist das? Grundsätzlich ist unter dem Begriff Imparitätsprinzip der Umstand zu verstehen,…

  • Der Sparerfreibetrag spielt er im Privatbereich bei der Einkommensteuer eine Rolle, wo er Kapitaleinkünfte von…

  • Was ist das Niederstwertprinzip? Das Niederstwertprinzip gehört zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, die bilanzierende Unternehmen…

  • Vorsichtsprinzip – was ist das? Im Rahmen der Buchführung und Bilanzierung gibt das deutsche Handelsgesetzbuch…

  • Unter Skonto wird ein Nachlass verstanden, welcher vom Zahlenden aufgrund frühzeitiger Überweisung in Anspruch genommen…

Über den Autor

Male Author Icon
Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.