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AGG-Hopper nutzen Antidiskriminierungsgesetz aus

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 20. März 2017

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

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AGG-Hopper nutzen Antidiskriminierungsgesetz aus
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Geschäftstüchtige Zeitgenossen haben schnell bemerkt, dass man mit dem – auch AGG oder Antidiskriminierungsgesetz genannten Regelwerk – prima Geld verdienen kann. Und das kann arglose Unternehmen ganz schön in finanzielle Schwierigkeiten bringen.

Was man unter AGG-Hoppern versteht

Das Antidiskriminierungsgesetz oder AGG verbietet es, Menschen aufgrund bestimmter Kriterien (z. B. Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Identität) zu benachteiligen. Es gilt insbesondere auch im Arbeitsrecht bei Bewerbungen um einen Arbeitsplatz. Wer nachweisen kann, dass er wegen eines Diskriminierungsmerkmales nicht eingestellt wurde, kann vor dem Arbeitsgericht eine Entschädigung in Höhe von maximal drei Monatsgehältern einklagen.

Bei AGG-Hoppern handelt es sich um Leute, die das Ganze vorsätzlich und wiederholt und mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben. Ihnen geht es mitnichten darum, einen Arbeitsplatz zu bekommen – sie wollen abgelehnt werden, um anschließend vor Gericht eine Entschädigung zu erstreiten. Eine durchaus lohnende Tätigkeit – zumal solche Zahlungen steuerlich als Schmerzensgeld gelten und damit nicht der Einkommensteuerpflicht unterliegen.

Viele AGG-Hopper haben zudem Anspruch auf staatliche Prozesskostenhilfe, so dass sich ihr persönliches finanzielles Risiko in Grenzen hält. Anders sieht es beim beklagten Unternehmen aus, das in der Regel nicht auf diese Unterstützung aus Steuermitteln hoffen kann. Und dann ist es leider oftmals so, dass viele Richter schlichtweg keine Lust haben, ein umfangreiches Urteil zu verfassen und stattdessen auf einen (schlechten) Vergleich drängen. So gesehen kann man als Unternehmen eigentlich nur verlieren.

Wie man sich als Unternehmen vor AGG-Hoppern schützen kann

Zunächst muss man wissen, wie im Falle einer Klage die Beweislast verteilt ist. Wer Ansprüche geltend machen will, muss dem Gericht gewisse Indizien liefern, die für eine Diskriminierung sprechen. Gelingt das, muss das beklagte Unternehmen wiederum beweisen, dass es keinen Verstoß gegen das AGG begangen hat.

Natürlich suchen AGG-Hopper gezielt nach solchen Stellenanzeigen, die sehr offensichtlich gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen. Wer beispielsweise in seiner Annonce „Leute zwischen 25 und 35 für ein junges dynamisches Team“ sucht und somit ältere Arbeitnehmer ausgrenzt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er damit professionelle Diskriminierungskläger anlockt. Man sollte daher Stellenausschreibungen in jeder Hinsicht neutral verfassen, um keinerlei Angriffsfläche zu bieten.

Früher gab es im Internet eine Datenbank, in der man nachlesen konnte, ob ein Stellenbewerber bereits in mindestens zwei anderen Fällen als AGG-Hopper in Erscheinung getreten war. Leider wurde diese im Jahre 2009 wegen datenschutzrechtlicher Bedenken wieder eingestellt. Seitdem hat man es als Unternehmer weitaus schwerer, mutmaßliche Abzocker zu erkennen.

Eine Entschädigung gibt es nur bei ernsthaften Absichten

Die Rechtsprechung der vergangenen Jahre hat klargestellt, dass ein Missbrauch des AGG nicht geduldet wird. Deshalb wird lange nicht jeder abgewiesene Bewerber ohne weiteres auch eine Entschädigung vom Gericht zugebilligt bekommen. Voraussetzung ist nämlich, dass ein echtes Interesse an der Stelle bestand. Eine Klage gilt als rechtsmissbräuchlich und droht zu scheitern, wenn es dem Bewerber von Anfang an nur um die Entschädigung ging. Das zu beweisen, ist freilich schwer. Allerdings gibt eine ganze Reihe von Indizien, an denen man als Unternehmen einen möglichen AGG-Hopper erkennen kann:

  • Der Bewerber ist deutlich überqualifiziert für die zu besetzende Stelle (Beispiel: ein Rechtsanwalt bewirbt sich als Hausmeister)
  • Der Bewerber befindet sich noch in einem bestehenden Arbeitsverhältnis und bewirbt sich um eine Stelle mit weitaus geringerer Bezahlung
  • Der Bewerber schickt unordentliche oder unvollständige Bewerbungsunterlagen, um eine Absage zu provozieren
  • Der Bewerber erwähnt unaufgefordert bestimmte diskriminierungsrelevante Eigenschaften

Weitere Voraussetzung ist, dass der Bewerber nach objektiven Gesichtspunkten überhaupt für eine Stelle geeignet wäre. Wer nicht über die Qualifikationen verfügt, die in der Stellenausschreibung ausdrücklich gefordert wurden, der kann auch nicht mit dem Argument der Diskriminierung vor dem Richter punkten. Als Beispiel sei der Fall eines Volljuristen genannt, der sich bei einer Behörde als Amtsleiter bewarb. In der Stellenanzeige war ausdrücklich der Abschluss für den gehobenen Verwaltungsdienst oder eine ähnliche Qualifikation gefordert. Diese konnte der Mann natürlich nicht vorweisen und wurde abgewiesen – zu Recht, wie das Gericht entschied und nicht von einer Diskriminierung ausging.

Urteil vom LAG Berlin-Brandenburg

Altersdiskriminierung – keine Entschädigung für „AGG-Hopper“ LAG BERLIN-BRANDENBURG, PRESSEMITTEILUNG VOM 20.01.2014 ZUM URTEIL 21 SA 1380/13 VOM 31.10.2013 Einem Bewerber, der sich erfolglos auf eine altersdiskriminierende Stellenanzeige beworben hat, ohne ernsthaft an der Stelle interessiert zu sein, steht eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) nicht zu. Der 1953 geborene Kläger, ein promovierter Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei, bewarb sich auf eine Stellenanzeige, mit der die Beklagten einen Rechtsanwalt (m/w) „als Berufsanfänger oder Kollegen mit 1-3 Jahren Berufserfahrung“ suchten. Nachdem seine Bewerbung abgelehnt worden war, nahm er die Beklagten auf eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung von bis zu 60.000,00 Euro in Anspruch. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger sei es bei seiner Bewerbung allein darum gegangen, eine Entschädigung zu erhalten. So habe sich der Kläger zuvor unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort vielfach auf Stellenanzeigen für Berufseinsteiger beworben und im Fall der Ablehnung eine Entschädigung von 60.000,00 Euro gefordert. Er habe zudem die Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle nicht erfüllt und sich mit einem kaum aussagekräftigen Bewerbungsschreiben um die Stelle beworben. Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände müsse festgestellt werden, dass der Kläger nicht ernsthaft an der Stelle interessiert gewesen sei; sein Entschädigungsverlangen sei deshalb rechtsmissbräuchlich. Ob die Stellenausschreibung eine Altersdiskriminierung enthalten habe, könne daher offen bleiben. Quelle: LAG Berlin-Brandenburg


Bildnachweise: © dusanpetkovic1/Fotolia.com

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Über den Autor

Autor
Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.

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