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Mehr Elterngeld für Selbstständige

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 31. Januar 2022

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

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Elternzeit und nebenberuflich Selbständigkeit

Selbstständige waren bei der Berechnung des Elterngeldes teilweise benachteiligt. Das traf vor allem dann zu, wenn die Einnahmen in den 12 Monaten vor der Geburt des Kindes deutlich höher lagen, als im Vergleich zum letzten Veranlagungszeitraum. Die Gesetzeslage ist deutlich. Trotzdem urteilte das LSG Niedersachsen zugunsten einer Selbstständigen.

 Celle, 14. Oktober 2015 – Für die Berechnung des Elterngeldes ist das Einkommen vor der Geburt entscheidend. Das gilt sowohl für Angestellte, als auch für Selbstständige. Arbeitnehmer erhalten dabei grundsätzlich 67 Prozent ihres Nettoeinkommens, dass sie in den letzten 12 Monaten vor der Geburt des Kindes erzielten. Bei Selbstständigen wird allerdings das Einkommen aus dem letzten Veranlagungszeitraum vor der Geburt zugrunde gelegt. In der Regel ist das das Jahreseinkommen im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes. Dabei kann es jedoch zu einem gewaltigen Unterschied kommen. Eine Frau könnte beispielsweise in dem betreffenden Jahr studiert haben und anschließend – im Jahr der Geburt des Kindes – erst die selbstständige Tätigkeit so richtig aufgenommen haben. Oder der Gewinn des letzten Veranlagungszeitraums war sehr gering, in den Monaten vor der Geburt des Kindes jedoch sehr hoch.

In dem Falle würde es zu einer deutlichen Benachteiligung im Gegensatz zu einem Angestellten kommen.

Das zugrunde liegende Gesetz (§ 2b Abs. 2 BEEG) lässt da eigentlich auch keinen Spielraum zu. Daher war bisher auch keine Elterngeldstelle bereit, von diesen Vorgaben abzuweichen. Allerdings sah das Landessozialgericht Niedersachsen die Lage ein wenig anders.

Betroffene Hebamme klagt

So war auch eine Hebamme von dieser Regelung betroffen. Nach einer Festanstellung in einem Krankenhaus machte sie sich zum 01. November 2012 selbstständig. Die Überweisungen der Krankenkassen gingen aber erst in 2013 ein. Unter dem Strich erzielte sie im Jahr 2012 einen Verlust von 1.369 Euro.

2013 dagegen konnte sie einen Betriebsgewinn von 8.196,02 Euro erzielen. Am 08. November 2013 wurde sie dann selbst Mutter. Der zuständige Landkreis legte jedoch nur die Einnahmen aus dem letzten Veranlagungszeitraum zugrunde – 2012. Doch da hatte sie nur Verluste erzielt.

Aufgrund ihres Krankenhausgehalts erhielt sie zwar eine Elterngeld von 931,19 Euro, würden jedoch die Einnahmen aus 2013 als Basis herangezogen, ergäbe sich ein Anspruch von 1.152,13 Euro. Auf das Jahr hochgerechnet ein Unterschied von fast 2.500 Euro.

Dagegen legte die selbstständige Hebamme Widerspruch ein. Sowohl der Landkreis Stade als auch das zuständige Sozialgericht wiesen die Klage jedoch ab, mit Verweis auf oben genannten Paragraphen.

Landessozialgericht: Nicht rein am Wortlaut orientieren

Das Landessozialgericht kam jedoch zu einem anderen Schluss. Die Richter befassten sich intensiver mit der Materie und den Hintergründen zu diesem Gesetz und kamen zu dem Schluss, dass die Berechnung des Elterngeldes aufgrund der Gesetzeslage zwar richtig war, allerdings waren sie auch der Meinung:

Eine solche isoliert am Wortlaut allein des § 2b BEEG ausgerichtete Auslegung trägt jedoch den gesetzgeberischen Zielvorstellungen und den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht angemessen Rechnung.“

Im Endeffekt entschieden sie, dass der Gewinn des letzten Veranlagungszeitraums nur dann maßgeblich ist, wenn keine unzumutbaren Nachteile für den Elterngeldbezieher verbunden sind. Den Begriff „unzumutbarer Nachteil“ definierte das Gericht wie folgt:

„Eine erhebliche Abweichung […] liegt jedenfalls dann vor, wenn die in beiden Zeiträumen jeweils erzielten Erwerbseinkünfte so erheblich voneinander abweichen, dass die Heranziehung des vorausgegangenen Kalenderjahres zu einer Verkürzung des Elterngeldanspruchs um 20 oder mehr Prozent im Vergleich zu einer Berechnung unter Zugrundelegung des ansonsten maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes vor der Geburt führen würde…“

Sobald der Unterschied also 20 Prozent oder mehr beträgt, entsände ein unzumutbarer Nachteil. In diesem Fall darf auch das Einkommen der letzten 12 Monate vor Geburt des Kindes als Grundlage herangezogen werden. Das Gericht entschied, dass der Landkreis der Hebamme 2.237,91 Euro Elterngeld nachzahlen muss.

Das komplette Urteil im Volltext: Rechtsprechung Niedersachen

Bundessozialgericht muss noch entscheiden

Zugegeben, das Urteil des Landessozialgericht, dass 20 Prozent Unterschied unzumutbar sind, ist eine recht freie Auslegung. Daher muss nun das Bundessozialgericht über die Revision des Landkreises entscheiden. Ob das Urteil daher in dieser Form Bestand haben wird, wird sich zeigen.

Selbstständige, die in einer ähnlichen Situation sind, sollten jedoch mit Verweis auf das aktuelle Urteil Widerspruch gegen ihren Elterngeldbescheid einlegen.

Bildnachweise: © Pixel-Shot/stock.adobe.com

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Über den Autor

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Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.

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