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Wann Verschuldung sich lohnt

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 31. Januar 2022

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

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Wann Verschuldung sich lohnt
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Verschuldung lohnt sich, nahezu immer für die Banken, manchmal sogar für die Kreditnehmer. Wann aber letzteres der Fall ist, verrät Ihnen gewiß nicht ihr freundlicher Banker, dafür aber hoffentlich ihr nicht minder freundlicher Dozent. Jedenfalls sollen Sie es ggfs. aber dem Prüfer verraten, wenn er sie nämlich danach fragt.  Und das kommt nicht immer vor, aber immer öfter. Schauen wir also mal, was schon in so mancher Prüfung parat liegen mußte:

Ausgangspunkt sind der Kredit- und der Mindestrentabilitätszins. Ersterer sollte Ihnen aus dem Vertrag bewußt sein, und falls nicht, wie etwa bei einem Leasingvertrag, dann besorgen sie sich schnellstens einen kostenlosen Leasingrechner. Der Mindestrentabilitätszins hingegen sollte ihnen aus der Kostenrechnung bekannt sein, enthält er doch die Summe des Kapitalanlagezinses und des allgemeinen unternehmerischen Risikos.

Nehmen wir also mal freihändig an, der Kreditzins sei 8% und der Mindestrentabilitätszins 12%. Natürlich, wer wüßte es nicht, wird der Kreditzins nur auf das Fremdkapital angewandt, der Mindestrentabilitätszins hingegen nicht etwa auf das Eigenkapital (ein häufiger Irrtum!), sondern auf das gesamte Vermögen, denn dies ist kein Kapital-, sondern ein Vermögenszins. Dessen 12% können sie auch am Markt realisieren, kriegen sie also in den Verkaufspreisen der Produkte oder Leistungen vom Kunden erstattet. Was passiert jetzt mit zunehmender Verschuldung? Lohnt sich das Geschäft, und wenn ja, für wen?

Am besten können wir uns das verständlich machen wenn wir vereinfachend davon ausgehen, daß keine anderen Transaktionen betrachtet werden sollen, also nichts als Zins eine Rolle spielen solle. Auf ein Eigenkapital i.H.v. 1.000 Euro kommen progressiv höhere Schuldbeträge:

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Eigenkapital:1.000,00 €1.000,00 €1.000,00 €1.000,00 €1.000,00 €1.000,00 €
Fremdkapital:0,00 €500,00 €1.000,00 €1.500,00 €2.000,00 €2.500,00 €
Bilanzsumme:1.000,00 €1.500,00 €2.000,00 €2.500,00 €3.000,00 €3.500,00 €
Verschuldungsgrad:00,511,522,5
Zinsertrag:120,00 €180,00 €240,00 €300,00 €360,00 €420,00 €
Zinsaufwendungen:0,00 €40,00 €80,00 €120,00 €160,00 €200,00 €
Zinssaldo:120,00 €140,00 €160,00 €180,00 €200,00 €220,00 €
Eigenkapitalrentabilität:12,00%14,00%16,00%18,00%20,00%22,00%

Zu unserer großen Überraschung stellen wir fest, daß die tatsächliche Eigenkapitalrentabilität des zinsenden Unternehmens mit wachsendem Verschuldungsgrad steigt. Wer Schulden hat, ist also nicht schuldig, sondern clever. Die Verschuldung führt zu einem sogenannten Hebeleffekt („Leverage effect„), lohnt sich also – und zwar für den Kreditnehmer.

Das ist freilich aber nicht immer der Fall. Nehmen wir die bekannte Mindestrentabilität von weiterhin 12%, aber eine durch Öko- und Energiepreisinflation bedingte Steigerung des Kreditzinses auf 14% an, so ergibt sich schon ein ganz anderes Bild:

123456
Eigenkapital:1.000,00 €1.000,00 €1.000,00 €1.000,00 €1.000,00 €1.000,00 €
Fremdkapital:0,00 €500,00 €1.000,00 €1.500,00 €2.000,00 €2.500,00 €
Bilanzsumme:1.000,00 €1.500,00 €2.000,00 €2.500,00 €3.000,00 €3.500,00 €
Verschuldungsgrad:00,511,522,5
Zinsertrag:120,00 €180,00 €240,00 €300,00 €360,00 €420,00 €
Zinsaufwendungen:0,00 €70,00 €140,00 €210,00 €280,00 €350,00 €
Zinssaldo:120,00 €110,00 €100,00 €90,00 €80,00 €70,00 €
Eigenkapitalrentabilität:12,00%11,00%10,00%9,00%8,00%7,00%

Plötzlich lohnt sich die Verschuldung nur noch für die Bank, nicht mehr aber für den Kreditnehmer: man spricht hier von einem negativen Leverage-Effect. Wann aber ist der Hebel positiv und wann nicht?

Bislang standen wir entschieden zu nahe an der Tafel. Kommen wir also zur bösen Wirklichkeit, die kaum mal prüfungs-, dafür um so mehr lebensrelevant ist: der Haken an der Sache ist nämlich die Realisierbarkeit der Mindestrentabilitätsverzinsung. Hat ein Kleinbetrieb wegen des hohen allgemeinen Risikos oft noch einen viel höheren Mindestrentabilitätszins (bis zu 20% sind nicht ungewöhnlich), so kann er dies nicht mehr am Markt realisieren. Setzt er aber nur den durchzusetzenden (und nicht den theoretisch zu fordernden) Zins in die Rechnugn ein, so kippt der Hebeleffekt aber leicht ins Negative. Zudem steigt bekanntlich derzeit das Zinsniveau, im wesentlichen getrieben von der weitgehend steuergetriebenen Energiepreisinflation, und das treibt nicht die Mindestrentabilitäts-, wohl aber die Kreditzinsen in die Höhe. Ein positiver Leverage Effect ist aber ein Zeichen für gesunde Märkte, während ein negativer Leverage Effect ein Zeichen für einen nicht (mehr) funktionierenden Markt oder aufblühenden Sozialismus ist: man sollte, das ist die kurze Lehre der langen Theorie, vom Kunden immer mehr kriegen, als man der Bank abdrücken muß. So einfach ist das. Negative Leverage-Verhältnisse sind aber in Deutschland leider nicht so selten – und damit eben ist das hier so lebensrelevant.

Quellen: gruenderlexikon.de

Bildnachweise: © Gina Sanders/Fotolia.com

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Über den Autor

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Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.

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