Das Bundeskabinett hat heute die Umsatzsteuererhöhung von 16% auf 19% beschlossen. Mit einer Zustimmung der Länder ist zu rechnen. Die größte Steuererhöhung seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland ist damit wohl endgültig, und mit ihr vielleicht der größte Schaden, den das Land seit dem Zweiten Weltkrieg genommen hat.
Und der Schaden könnte noch größer sein, denn die Preise werden jetzt schon erhöht – und nicht “nur” um den Betrag der Steuer: kostete ein Gut mit 16% Umsatzsteuer 9,99 Euro (8,61 Euro netto plus 1,38 Euro Steuer), also einen sogenannten “Signalpreis”, so müßte es mit 19% Umsatzsteuer eigentlich 10,25 Euro kosten – wird aber in aller Regel wohl auf einen neuen Signalpreis wie etwa 10,99 Euro oder noch darüber heraufgesetzt. Kein Wunder also, daß sich der Handel über die Merkelsteuer freut. Freilich hat man auch dazugelernt – und nimmt die Preiserhöhungen schon lange vor der Steuererhöhung schleichend und unauffällig vor. Den Fehler einer schlagartigen und damit wahrnehmbaren Preiserhöhung wie einst bei der Teuro-Einführung in 2002 will der Handel nicht wiederholen – und verdient auch noch daran.
Nicht nur Hartz-IV-Haushalte ahnen, daß die schon bestehende Armut sich ab 2007 nicht gerade entschärfen dürfte, und die Binnennachfrage ist aber jetzt schon das Sorgenkind der Konjunkturpolitiker. Und die nebenstehende Laffer-Kurve zeigt, daß man mit einer Steuererhöhung keineswegs notwendigerweise auch die Staatseinnahmen erhöht, denn der Rückgang der Nachfrage könnte höher sein als die Steuermehreinnahmen. Doch was jeder Erstsemesterstudent wissen sollte, hat sich in Berlin noch nicht herumgesprochen. Dort baut man eher auf Strohfeuereffekte wie etwa die zu erwartende kurzfristige Nachfragebelebung vor Ende 2006 durch zur Steuervermeidung vorgezogene Ausgaben. Das wird Angela Merkel als “ihren” Aufschwung verkaufen.
Auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt dürften nicht gerade vorteilhaft sein, denn noch mehr Handwerker und ihre Kunden dürften versuchen, die Steuer ganz zu vermeiden, und das ist nicht so schwer – verzichtet man auf eine Rechnung. Da man aber offensichtlich das derzeitige zwangsumlagenfinanzierte Sozialsystem dem Grunde nach beibehalten will, sollte man die nicht nur steuer-, sondern auch abgabenfreie Schwarzarbeit nicht noch mutwillig fördern. Die in Aussicht gestellte bessere Abzugsfähigkeit von Handwerkerrechnungen in Privathaushalten dürfte dabei kaum ein wesenticher Anreiz zur Steuerehrlichkeit sein.
Dabei hat man uns die weiteren Grausamkeiten, die sogar schon im Bundesgesetzblatt stehen, noch gar nicht bewußt gemacht: Maut für alle Fahrzeuge auf allen Straßen beispielsweise, und Energierationierung für Heizungsanlagen. Es kommt also noch schlimmer, und das vermutlich schon in 2008. Darüber aber, was der Unterschied zwischen einer Regierung und einer Telefonzelle ist, mag heute (noch) keinr nachdenken: hat man sich am Telefon verwählt, kann man aufhängen und neu wählen.
Quellen: Steuer- und Abgabenlast in Deutschland | Vorgezogener Schaden: Wie die Umsatzsteuererhöhung jetzt schon Preise steigen läßt | Umsatzsteuer: Wie die Ertragsbesteuerung der Kleinunternehmer indirekt erhöht wird | Mehrheit wünscht sich die DM zurück – auch drei Jahre nach dem Euro! | Stolpe gibt zu: Innenstadt-Maut wird schon vorbereitet | Maut-Kostenrechnung: es ist noch viel teurer | Gebäudepässe ab 4. Januar obligatorisch – aber warum? | Wie der Emissionshandel den Strompreis in die Höhe treibt, und was man dagegen tun kann
Bildnachweise: © rcfotostock/Fotolia.com